Stopp dem großen Mailverteiler
Zwei oder drei Mitarbeiter aus verschiedenen Unternehmensbereichen oder Organisationseinheiten sind einmal wieder unterschiedlicher Meinung. Weil man sich schon länger nicht mehr gut versteht, kommuniziert man nur noch per E-Mail miteinander. Es kommt fast schon routinemäßig zum verbalen Schlagabtausch. Nach dem üblichen „Verbaltennis“, also dem Versenden und Retournieren wohl formulierter E-Mails, für deren Erstellung sehr viel Zeit investiert wird, gelangt man irgendwann an den Punkt, an dem der Verteilerkreis erweitert wird, zu irgendeinem Zweck muss es „cc“ doch in E-Mailprogrammen geben. Zunächst bezieht jede Partei Kolleginnen oder Kollegen mit ein, die einem wohlgesonnen sind. Wie im alten Rom wird das Heer aufgestellt und Positionen werden bezogen. Mit einer guten zweiten Reihe in cc lässt sich viel bewirken, es gilt, den Rücken bzw. die eigene Meinung zu (ver-)stärken. Sukzessiv werden höhere Hierarchieebenen aufgenommen und zuweilen steht irgendwann sogar die gesamte Geschäftsleitung in cc – schließlich geht es den Beteiligten ums Prinzip, also darum, Recht zu bekommen.
Wie sollte man als Geschäftsleitung in einem solchen Fall reagieren? Steigt man inhaltlich ein, beschäftigt man sich mit dem Vorfall, versteht man sich als Mediator und versucht, die Streithähne oder -hennen zu beschwichtigen? Wie würden Sie reagieren?
Hilfreich für Ihre Entscheidung oder die Ihrer Führungskräfte sind Werte und Leitlinien, die auf Verhaltensebene konkretisiert wurden. In solchen Leitlinien könnten Sie beispielsweise nachlesen, dass man sich in Ihrem Unternehmen Feedback direkt gibt und sich dabei an Feedbackregeln hält. Eventuell stünde in Ihren Leitlinien etwas dazu, dass man sich eigenverantwortlich um die Lösung von Problemen kümmern sollte oder dass man sich an definierte Entscheidungswege und -regeln zu halten hat. Werte und Leitlinien geben Orientierung und leiten uns in unserem Handeln.
Losgelöst von dem konkreten Anlass und Inhalt der Auseinandersetzung der Mitarbeiter sollten Sie in jedem Fall jeglichen Formen von Verbaltennis sowie ausufernden E-Mail-Verteilern strikt Einhalt gebieten, und zwar mit hinreichender Deutlichkeit, die immer dann erforderlich ist, wenn grundlegende Werte oder Regeln nicht eingehalten werden. Eine Straßenverkehrsordnung wirkt nur dadurch, dass diejenigen, die sich nicht daran halten, bestraft werden bzw. das Recht nicht auf ihrer Seite haben.
Mitarbeiter, die die vorgeschriebenen Hierarchien und hiermit einhergehenden Entscheidungs- und Eskalationswege nicht einhalten, die das halbe Unternehmen mit ihren Problemen belasten oder andere und zuweilen sogar die gesamte Geschäftsleitung für ihre Zwecke instrumentalisieren, haben sich ein deutliches Feedback verdient. Ihr Verhalten steht in den meisten Unternehmen in krassem Widerspruch zu definierten Werten und Leitlinien. Wenn Sie bei solchen Verhaltensweisen nicht intervenieren, dürfen Sie sich künftig mit sehr vielen Detailproblemen beschäftigen; und zwar mit Detailproblemen, für die andere bezahlt werden und die in der Regel nicht in ihren Verantwortungsbereich fallen. Obendrein fördern Sie ein großes Tohuwabohu.
Haben in Ihrem Unternehmen alle eine gemeinsame Vorstellung davon, was gewollt ist und was nicht? Gibt es Werte und Leitlinien, an denen man sein Verhalten überprüfen kann, die einem Orientierung geben und die das Verhalten aller Mitarbeiter und Führungskräfte lenken? Wir unterstützen Sie sehr gerne bei der Definition und auch der Konkretisierung von Werten und Leitlinien. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme (fischer@ifu-aachen.de; 0241-463606-0).