„Gendergerechte“ Sprache

Written by Admin. Posted in News

Vor Kurzem habe ich vernommen, dass einige Entscheider*innen in Unternehmen keine externen Dienstleister_Innen mehr beauftragen, die auf ihrer Website keine „gendergerechte“ Sprache verwenden. Als ich das hörte, dachte ich mir, damit sind wir wohl aus dem Rennen, obwohl wir bereits unzählige „MitarbeiterInnen-Befragungen“ durchgeführt haben. Mancher Mann empfand die Bezeichnung wegen der weiblichen Endung diskriminierend. Zahlreiche Frauen fanden es doof. Einige wenige sahen es hingegen als eminent wichtig und als Zeichen der Gleichberechtigung an. Die Meinungen gingen auseinander, woran sich bisher wenig geändert hat. 

In Unternehmen liest man oft „Liebe MitarbeiterInnen“, wobei man mit Blick auf „divers“ „liebe Mitarbeiter*innen“ schreiben müsste. Alternativ ginge es auch mit „Gender-Gap“, dann hieße es „liebe Mitarbeiter_innen“. Mein Eindruck ist, dass aktuell kaum eine/r so genau weiß, wie frau oder man es denn nun richtig macht; ich weiß es übrigens auch nicht.  

Wir befassen uns beruflich mit der Entwicklung von Unternehmenskulturen. Aber nicht nur deswegen ist eine geschlechtergerechte Sprache ein wichtiges Thema. Sprache schafft Realität und damit auch Kultur. Sprache ist für Gleichstellung und Gleichberechtigung von großer Bedeutung. Aber Konfuzius hat ebenso recht: „Sage es mir, und ich vergesse es. Zeige es mir, und ich erinnere mich. Lass es mich tun, und ich behalte es.“ Es kommt mehr auf die Tat als auf das Wort an. 

„Gendergerecht“, „Gender-Gap“, „Diversity-Management“ und ähnliche Anglizismen helfen in diesem Kontext nicht weiter, sie werden aber sehr gerne verwendet, vor allem von denen, die sich mit Inbrunst für eine geschlechtergerechte Sprache einsetzen und diejenigen ausgrenzen, die hierin eine Verkomplizierung der Sprache sehen und sich dementsprechend wehren. Die vehementen Verfechter*innen der Gendersternchen tragen häufig nicht zum besseren Verstehen bei, sondern fördern allenfalls Abneigung und Widerstand. Wir beim IfU sind bemüht, allgemein verständliche Worte unserer schönen Sprache zu verwenden. 

Die Forderung nach Gerechtigkeit geht zuweilen mit der Forderung nach Gleichbehandlung einher. Wenn ich meine vier Kinder immer gleichbehandelt hätte, hätten sie dies als sehr ungerecht und unfair empfunden. Bei meinen Mitarbeiterinnen gilt dasselbe, schließlich besteht jede auf ihre Unterschiedlichkeit und möchte als Individuum gesehen werden. Und bei meinen Mitarbeitern ist das genauso. Menschen wollen nicht gleichbehandelt werden, was nicht im Widerspruch dazu steht, dass wir bei gleicher Leistung und gleichem Einsatz gerne dasselbe verdienen wollen. Regeln sollten für alle gleichermaßen gelten, sonst wird es unfair. Es möchte niemand willkürlich schlechter gestellt werden. Spricht hingegen eine Deutsch und ein anderer Spanisch, freuen sich zumeist beide, wenn sie in ihrer Sprache angesprochen werden. Und wenn die Spanierin kein Deutsch und der Deutsche kein Spanisch kann, einigt mach sich häufig auf Englisch und da ist das mit dem Gendern deutlich einfacher. Aber das ist ein anderes Thema.  

Meine Partnerin – eine sehr selbstbewusste und eigenständige Frau – möchte gerne als Frau angesehen und behandelt werden. Sie freut sich über tradierte Höflichkeitsformen. Oft ist sie schneller als ich, reißt die Türe zuerst auf und ich kann ihr nicht den Vortritt lassen, wie das aus meiner antiquierten Sicht die Höflichkeit gebührt. Oder ist mein Verhalten vielleicht sogar unhöflich, weil es dem Grundsatz der Gleichbehandlung widerspricht? Allerdings halte ich oft auch anderen Männern die Türe auf, vielleicht muss ich darüber noch einmal nachdenken. 

Es würde zu weit führen, das an dieser Stelle weiter auszuführen. In unseren Projekten bekommen wir zu unserem Verhalten und auch zu unserer Kommunikation grundlegend positive Rückmeldung. Insofern scheinen wir auf dem richtigen Weg zu sein, auch wenn wir selbst nicht mehr so genau wissen, wie wir uns für alle korrekt ausdrücken sollen. Daher freuen wir uns immer über Feedback, das hilft uns bei der Weiterentwicklung. 

In diesem Beitrag geht es mir auch um die Texte und die Sprache auf dieser Seite. Die meisten Menschen freuen sich über einen guten Lesefluss. Daher habe ich die Texte so geschrieben, wie mir der Schnabel gewachsen ist, und weil mir jeder Leser gleichermaßen recht und wichtig ist, fühlen Sie sich bitte losgelöst von Geschlecht, Nationalität, Religionszugehörigkeit oder sonstigen Merkmalen, nach denen man Menschen unterscheiden kann, alle gleichermaßen angesprochen. Ich hoffe, Sie kommen damit klar.