Ein schwarzer Kreis auf weißem Hintergrund ist besser zu sehen, als ein weißer Kreis (11)

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Der neunte der 52 Denkfehler kommt in deutscher Sprache daher und heißt Kontrasteffekt. Der Untertitel empfiehlt: „Warum Sie Ihre Fotomodellfreundinnen zu Hause lassen sollten“. Schade, dass ich die nicht habe, schießt es mir durch den Kopf und noch den Autoritätsgehorsam vom vorherigen Kapitel in den Ohren ergänze ich (mit gekreuzten Fingern hinter dem Rücken) sicherheitshalber, dass es natürlich ein wahrer Segen ist, dass ich die nicht habe.

Im Rahmen der 52 Denkfehler wird uns der Kontrastfehler an einigen Beispielen erläutert.

Sie wollen ein paar Schuhe kaufen, schöne Schuhe, sehr schöne Schuhe! Sie fragen den Verkäufer nach dem Preis. Der tut so, als wüsste er ihn nicht und ruft in Richtung eines Kollegen am anderen Ende des Ladens, was die Schuhe kosten würden. Dieser antwortet 180 EUR. Ihr Verkäufer tut so, als hätte er den Kollegen nicht richtig verstanden und sagt Ihnen 118 EUR. Die meisten von uns ergreifen die Chance und bezahlen schnell die 118 EUR (behauptet der Denkfehlertheoretiker), obwohl dies genau der vorgesehene und kalkulierte Preis für die Schuhe war.

Das Beispiel mit den drei Schalen mit kalten, lauwarmen und heißem Wasser kennen Sie vermutlich. Je nachdem, ob man seine Hand zuerst in dem kalten oder dem heißen Wasser hatte, wirkt das lauwarme Wasser entweder warm oder kalt. Der Unterschied macht den Unterschied.

Der durchschnittliche Kandidat bei Bewerbungsgesprächen sticht unter schlechten Kandidaten positiv und unter sehr guten Kandidaten negativ heraus. Zuweilen hört man aus Frauenmund über einen Herrn. „Das ist aber ein Leckerchen.“, wobei es sich hierbei um ein eigenes Beispiel handelt. Mit Blick auf 40 senile, ältere Herren wird der 40-jährige Normalo schnell zum Leckerchen, ist er von lauter durchtrainierten männlichen Models mit Knackhintern umgeben, fällt er sofort durchs Raster (Liebe Männer, ihr könnt euch das umgekehrte Beispiel schnell selbst im Geiste ausmalen).

Wir bewerten kontextabhängig unterschiedlich. Der Schuh, der vorher 230 EUR kostet und nun für 150 EUR angeboten wird, erscheint günstiger als ein Schuh, der schon immer 150 EUR gekostet hat.

Angeblich irrationales Verhalten. Allerdings werden hier gleich mehrere Aspekte wild vermischt. Wenn wir etwas bewerten, haben wir einen Maßstab, einen so genannten Referenzwert im Kopf; bei Preisen gibt es beispielsweise einen Referenzpreis, den aus unserer Sicht normalen oder gängigen Preis einer Sache oder das übliche Preisniveau. Liegt der Preis für eine Sache deutlich darüber oder darunter, empfinden wir ihn als teuer oder günstig.

Bei diesem Empfinden kommt es nicht nur auf den Kontrast zum Referenzwert bzw. zur Umgebung, sondern auch auf die Umgebung an sich an. Das Preisniveau eines Neuwagens ist anders als das eines Liters Milch. Beim Preis eines Neuwagens interessieren wir uns für einen Unterschied von 100 EUR nicht. Ob der Wagen nun 100 EUR mehr oder weniger kostet, beeinflusst unsere Bewertung in Bezug auf teuer oder günstig nicht; bei einer Tüte Milch sehr wohl. Würde die Milch pro Liter bei Ihrem örtlichen Supermarkt plötzlich 100 EUR mehr kosten, Sie würden ggf. sogar sehr weit fahren, um die Milch zu dem aus Ihrer Sicht normalen Preis kaufen zu können. Besonders sinnvoll erscheint das nicht, 100 EUR sind sowohl in dem einen als auch dem anderen Fall 100 EUR. Und weil es sich absolut um denselben Betrag handelt, sollten wir losgelöst von der „Umgebungstemperatur“ immer gleich handeln, ansonsten handeln wir irrational und begehen einen Denkfehler – so die Logik der Denkfehlertheorie.

Aber ist das wirklich ein Denkfehler? Konfuzius sagt: „Haarspalterei zersetzt den Charakter eines Menschen. Ein Mensch, der in kleinen Dingen nicht großzügig sein kann, dem kann man keine wichtigen Aufgaben anvertrauen.“ Ziemlich schlau dieser Konfuzius. Genauso kann man mit Sparsamkeit in kleinen Dingen ein ansehnliches Vermögen erlangen, klingt auch logisch. Und jetzt?

Sie laden Ihren Partner oder Ihre Partnerin aus besonderem Anlass zu einem mehrgängigen Abendessen in ein teures Restaurant ein und die Rechnung fällt dementsprechend höher aus als in einer Frittenbude. Lassen Sie sich von dem Kontrast zwischen der Frittenbude und dem Edelrestaurant nicht täuschen, seien Sie rational und legen Sie ab sofort großzügig sowohl im Nobelrestaurant als auch in der Frittenbude immer 1 EUR auf den Tisch. Was meinen Sie?

„Ein Produkt, dass von 100 EUR auf 70 reduziert wurde, erscheint billiger als ein Produkt, dass schon immer 70 EUR kostete. Dabei darf es doch keine Rolle spielen, welches der Ausgangspreis war.“ meint der Denkfehlertheoretiker. Der praktische Mensch denkt an der Stelle, wenn ich ein paar Schuhe, die ansonsten 100 EUR kosten, nun für 70 EUR bekomme, dann habe ich ein richtig gutes Schnäppchen gemacht. Und wenn ich 70 EUR für die Schuhe zahlen soll, die schon immer 70 EUR kosteten, dann habe ich kein Schnäppchen gemacht. Frauen (und zwar nur Frauen!) sparen im Verlaufe ihres Lebens auf diese Weise ein wahres Vermögen!

Bei Produkten des täglichen Bedarfs achten viele Menschen auf den Preis, da werden bei einem entsprechenden Sonderangebot schon mal 10 Kisten Bier auf einmal gekauft, die so gerade noch im Auto untergebracht werden können. Mann hat gespart. Und beim Kauf eines Zweimeter-Bildschirms spielen 100 EUR rauf oder runter keine Rolle mehr.

Angeblich ist die „Kehrseite“ des Kontrasteffekts, dass wir kleine, graduelle Veränderungen nicht so sehr merken, wie beispielsweise die Tatsache, dass unser Geld inflationsbedingt laufend an Wert verliert. „Würde sie (Anm. des Verfassers: gemeint ist die Inflation) uns in Form einer brutalen Steuer auferlegt – was sie im Grunde ist –, wären wir empört.“ Die Inflation ist selbstverständlich keine Steuer. Allerdings sinken durch die Inflation die Staatsschulden von alleine und die Steuern erhöhen sich von selbst, aber das ist ein anderes Thema. Und ebenso selbstverständlich merken Sie es sofort und stärker, wenn man Ihnen auf einen Schlag 100 EUR wegnimmt als über 10.000 Tage jeweils einen Cent pro Tag. Unsere Aufmerksamkeit ist schon richtig gesteuert, wenn wir in einer Gruppe von Menschen aufgrund irgendwelcher Kontraste plötzlich den oder die eine erkennen.

Zum guten Abschluss erfahren wir, dass „der Kontrasteffekt … das ganze Leben ruinieren“ kann: Wenn eine tolle Frau einen durchschnittlichen Mann heiratet, weil ihre Eltern furchtbar waren und der durchschnittliche Mann ihr daher besser erschien, als er es in Wirklichkeit war. Einerseits darf man konstatieren, dass es sich um keinen Denkfehler handelt, sondern diese Frau nicht mehr alle Latten am Zaun hat. Andererseits bleibt für die Frau des Denkfehlertheoretikers zu hoffen, dass es sich nicht um sie handelte.

Die Denkfehler schließen wie immer mit einem Fazit „Bombardiert von Werbung mit Supermodels erscheinen selbst schöne Frauen als mäßig attraktiv.“ Zudem gibt es eine abschließende Empfehlung „Nehmen Sie zwei hässliche Freundinnen mit auf die Party.“ Lassen Sie den Unsinn, Gefallen macht schön und wer Sie nicht mag, der kann Sie mal – gerne haben! Nehmen Sie also weiterhin losgelöst von irgendwelchen äußerlichen Merkmalen die Menschen mit, die Sie um sich haben möchten!