Ausgebrannt in den Ruhestand
„Burn-out-Frühverrentungen erreichen Rekordwerte“ steht in der Süddeutschen online am 30.12.2012. „Frühverrentungen wegen Depressionen auf Rekordhöhe“ titelt die Welt am gleichten Tag. Nach Informationen der Welt am Sonntag sind psychische Erkrankungen der häufigste Grund für ein unfreiwilliges vorzeitiges Ausscheiden aus dem Beruf. Die Welt am Sonntag beruft sich auf Daten der Deutschen Rentenversicherung (DRV).
Laut Statistik schieden im Jahr 2011 knapp über 40 Prozent all derer, die eine Erwerbsminderungsrente beantragten, wegen Depressionen, Angstzuständen oder anderen psychische Erkrankungen vorzeitig aus dem Berufsleben aus. Im Jahr 2000 waren es nur 24 Prozent.
Frauen sind laut Statistik der Deutschen Rentenversicherung stärker betroffen. „Laut DRV seien 48 Prozent der Frauen, die arbeitsunfähig werden, psychisch krank; unter Männern erreiche der Anteil 32 Prozent.“
Es liegt in der Natur der Sache, dass Gewerkschaften und Mitarbeitervertretungen die zunehmende Belastung am Arbeitsplatz für die skizzierten Entwicklungen verantwortlich machen. Laut dem Bericht der „Welt am Sonntag“ will Ursula von der Leyen (CDU) die Arbeitnehmer besser schützen und „Hand in Hand mit Arbeitgebern, Gewerkschaften und Unfallkassen erarbeiten, welche Programme und Konzepte und konkreten Regeln Belegschaften wirksam vor psychischen Belastungen schützen können“ Sie ergänzt: „Wir müssen dazu lernen und handeln.“ Da hat Frau von der Leyen wohl recht.
Psychische Belastungen am Arbeitsplatz sind keine Fiktion, sondern real existent und haben zugenommen. Immer wieder gibt es auch Fälle, in denen psychischer Druck in einem Maß ausgeübt wird, das nicht toleriert werden darf.
Allerdings müssen ebenfalls die Begleiterscheinungen solcher Statistiken betrachtet und die Ursache-Wirkungsketten analysiert werden, wobei Ursache und Wirkung nicht immer so eindeutig sind, wie es sich auf den ersten Blick vermuten lässt: Man denke nur an Ärzte, die an diesen Erkrankungen gut verdienen. Oder an die Presse und die Medien, die ebenfalls mit dem Thema Geld verdienen und ihre Auflagen und Zuschauerzahlen erhöhen. Die sich selbst erfüllende Prophezeiung gilt auch bei psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Wer die Krankheit sucht, der findet sie. Die wirklich Betroffenen werden vor dem Hintergrund solcher Begleiterscheinungen leider zunehmend weniger ernst genommen. Das ist kritisch, sehr kritisch!
Fakt ist, dass in vielen Unternehmen mit Blick auf unsere Wert- und Zielvorstellungen noch zu wenig getan wird und der Faktor Unternehmenskultur ein deutlich stärkeres Gewicht im Management erhalten muss. Fakt ist aber auch, dass die meisten Arbeitnehmer in Deutschland mit ihrem Arbeitgeber sehr zufrieden sind. Und den größten Beitrag zum Thema Gesundheit am Arbeitsplatz leisten Arbeitgeber damit, dass sie durch den Einsatz von Feedbackinstrumenten eine dialogorientierte und auf Mitarbeiterzufriedenheit und Engagement ausgerichtete Führungskultur etablieren.