Ausbau familienbewusster Arbeitszeitmodelle
Laut einer aktuellen Umfrage des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dem Bundesverband der Personalmanager und dem Unternehmensprogramm Erfolgsfaktor Familie stehen familienbewusste Arbeitszeitmodelle in der unternehmerischen Praxis ganz oben auf der Agenda.
So steht es zumindest auf der Internetseite des Bundesverbands der Personalmanager. Mir stellt sich zunächst die Frage, was bitte soll „familienbewusst“ bedeuten?
Als Vater von vier Kindern und als Arbeitgeber habe ich eine gewisse Vorstellung, was familiengerecht bedeutet, nämlich sich den Ansprüchen und Bedürfnissen von Familien anzupassen. Auf www.duden.de führt die Eingabe von familienbewusst zu folgender Antwort: „Leider haben wir zu Ihrer Suche nach ‚familienbewusst‘ keine Treffer gefunden.“ Aber ich erhalte eine Hilfestellung: „Oder meinten Sie: kalorienbewusst?“ Meinte ich zwar nicht, aber mit kalorienbewusst kann ich etwas anfangen.
Zudem wundere ich mich, was in so manche Frage hineingedeutet wird. Auf der Internetseite des Bundesverbands deutscher Personalmanager steht Folgendes: „Die Auswertung der Resultate zeigt deutlich, dass familienbewusste Arbeitszeitmodelle zukünftig ganz oben auf der Agenda stehen. Fast drei Viertel der befragten Unternehmen gaben an, flexible Arbeitsmodelle weiter ausbauen zu wollen, um damit der zunehmenden Bedeutung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Unternehmen gerecht zu werden.“
Richtig ist, dass laut Studienreport (ebenfalls auf der Seite des Verbands als pdf zum Download zu finden) 25 % der 2.752 befragten Personalmanager bei der Aussage „Aufgrund der zunehmenden Bedeutung flexibler Arbeitszeitmodelle für Vereinbarkeit von Beruf und Familie planen wir, diese in unserem Unternehmen weiter auszubauen.“ „trifft voll und ganz zu“ ankreuzten. Weitere 45 % entschieden sich für „trifft zum Teil zu“.
Einerseits macht das summa summarum 70 %. Andererseits sieht ein hohes Ausmaß an starker Zustimmung anders aus. Und darüber hinaus kann man aus der Absicht, etwas ausbauen zu wollen, keinesfalls auf die Priorität dieser Absicht schließen. Aber das passt offensichtlich besser zu den eigenen Absichten.
Sehr interessant ist, dass von den 2.752 befragten Personalmanagern 26 % und damit 715 aus Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern stammen. Laut Bundesagentur für Arbeit sieht die Verteilung der Unternehmen nach Betriebsgrößenklassen in 2011 wie folgt aus:
Unternehmen mit … Vollarbeitern | ||||
0 bis 9 | 10 bis 49 | 50 bis 249 | 250 bis 499 | ab 500 |
2.837.107 | 305.912 | 64.645 | 8.435 | 6.234 |
Wenn man sich den Verlauf der Verteilungsfunktion ansieht, wie viele Unternehmen mögen es wohl mit mehr als 3.000 Mitarbeitern sein? Und haben die alle (oder vielleicht sogar über 100 %) an der Befragung teilgenommen? Oder sind die Antworten gar nicht repräsentativ für Unternehmen, da aus größeren Unternehmen sogleich mehrere Dutzend „Personalmanager“ befragt wurden. Was ist in dem Kontext überhaupt ein Personalmanager? Da ich auf weitere Recherchen keine Lust hatte, lasse ich Sie mit diesen Fragen alleine. Vielleicht haben Sie Antworten?
Der ziemlich kryptisch formulierten Aussage „Wir beobachten in den vergangenen fünf Jahren eine steigende Erwartungshaltung von Eltern in Bezug auf die Realisierung ihrer Arbeitszeitwünsche.“ stimmen neun von zehn Befragten voll oder ganz oder zumindest teilweise zu. Zum einen frage ich mich, wie viel Prozent der Befragten den Sinn der Aussage wirklich (und ohne mehrmaliges Lesen) verstanden haben. Zum anderen ist das ein nahezu unfassbares Ergebnis, oder? Eltern wünschen sich, dass sie Familie und Beruf vernünftig miteinander in Einklang bringen können, wer hätte das gedacht.
Natürlich müssen Unternehmen etwas für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie tun. Und viele Unternehmen machen das auch, wie die Studie bestätigt: Beim Statement „Der Umfang an familienfreundlichen Maßnahmen hat in den vergangenen fünf Jahren deutlich zugenommen.“ entscheiden sich 34% für „trifft voll und ganz zu“ und 41 % für „trifft zum Teil zu“.
Allerdings wollen die Unternehmen noch mehr tun und sie müssen dies auch. 78 % aller Befragten stimmen der Aussage „Unser Unternehmen plant familienfreundliche Angebote auszubauen, da die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zukünftig an Bedeutung gewinnt.“ voll und ganz oder zumindest teilweise zu. Fraglich bleibt natürlich, welcher der beiden Aussagen in diesem Satz die Befragten zugestimmt haben. Aber eine Befragung durchführen kann angeblich jeder und es kommt auch irgendetwas dabei heraus.
In einem Punkt ist man sich einig, knapp 100 % der Befragten stimmen der Aussage voll und ganz oder zumindest zum Teil zu, dass „Unternehmen, die flexible Arbeitszeitmodelle anbieten, attraktiver für qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber sind.“ (Quelle: www.bpm.de)